Der Weg in die Sucht

28 Sep. 2021 | Über die Sucht

Wo beginnt Sucht?

Der Weg vom Genuss hin zum Suchtproblem kann sich über Jahre hinweg strecken und die Übergänge sind fließend. Daher ist es für Laien nicht immer einfach zu bestimmen, in welchem Stadium sie sich befinden und wie groß die Gefährdung ist, in eine Abhängigkeit zu rutschen. Wie reflektiert man also Konsum?

Vier typische Konsummuster 1

Genuss

  • Der Konsum findet zu besonderen Gelegenheiten statt und ist in einem sozialen und gesellschaftlichen Kontext eingebettet. 

Ein genussvoller Umgang mit Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen 2 besitzt folgende Merkmale:

  • Der Konsum dient der Verstärkung bereits vorhandener Glücksgefühle.
  • Es wird langsam und freiwillig in beschränkter Dosis konsumiert. 
  • Es existieren neben der Zuführung des Rauschmittels andere Gelegenheiten und Möglichkeiten sich angenehme Gefühle zu verschaffen bzw. mit unangenehmen Gefühlen umzugehen. 

Missbrauch 

Drogenmissbrauch ist eine weitere Konsumform, die vor allem durch die Intention und Menge definiert ist. 

  • Im Gegensatz zum Genuss wird nicht mehr nur der Verstärkung von guten Gefühlen wegen konsumiert, sondern ebenso um negativen Emotionen entgegen zu wirken. 
  • Die Menge des Konsums nimmt zu, man verliert die Kontrolle über eine angemessene Dosierung und konsumiert auch in Situationen, in denen Alkohol bzw. Drogen eigentlich fehl am Platz sind. 
  • Man konsumiert in bestimmten Situationen, die durch die Gewöhnung als Auslöser dienen, obwohl negative Folgen für Körper und Psyche entstehen. 

Gewöhnung

Gewöhnung ist der erste Schritt hin zum riskanten Konsum. Hier verwächst der Genuss langsam mit dem Missbrauch:

  • Der Missbrauch einer Substanz wird durch regelmäßige Wiederholung normalisiert. 
  • Es stehen dem Konsumenten weniger Handlungsalternativen zum Konsum zur Verfügung.
  • Willentliche Kraft kann hier jedoch noch eine Veränderung des Verhaltens herbeiführen.  

Abhängigkeit 

Abhängigkeit ist keine Charakterschwäche, sondern eine Krankheit, die auftritt, wenn psychoaktive Substanzen aufgrund von regelmäßigem Missbrauch das Belohnungssystem verändern und der Konsum zum Normalzustand wird. In der Regel beginnt Sucht mit einem psychischen Abhängigkeitsgefühl (innere Leere, Mangel an Glücksgefühlen, Traurigkeit im nüchternen Zustand, Gereiztheit), sie sitzt daher auch tiefer und ist schwieriger therapierbar, als der körperliche Zwang (bspw. Zittern bei Alkoholmissbrauch).

  • Hierbei muss unabhängig des eigentlichen Gefühlszustandes, der gesellschaftlich, sozialen Umstände und der medizinischen Nachteile und Gefahren konsumiert werden. 
  • Der soziale Rahmen in dem sich der Konsument bewegt, verändert sich hin zu Leuten mit ähnlichem Konsumverhalten. Andere Interessen kommen zum Erliegen.
  • Obwohl körperliche, soziale oder psychische Probleme auftreten, wird der Konsum nicht bedeutsam eingeschränkt oder aufgegeben.
  • Abhängigkeit ist immer individuell zu betrachten und auch, wenn es Schnittmengen und Muster gibt, so können Ursachen und Ausprägungen bei jeder Person sehr unterschiedlich sein.
  • Jeder Mensch, jedes soziale und gesellschaftliche Gefüge sind einzigartig und auch auf Suchtmittel reagieren Menschen verschieden. Weswegen im Zweifelsfall ein Besuch bei einer kostenlosen, anonymen Beratungsstelle zu empfehlen ist.

Ausweichendes Verhalten (bspw. Probleme durch Konsum zu bewältigen) führt weiter in Richtung der Abhängigkeit.

Risiko- und Schutzfaktoren

Risikofaktoren

Risikofaktoren sind Eigenschaften und Einflüsse, die eine Abhängigkeit begünstigen können. Diese können sowohl die Person betreffend, aber auch der Umwelt zu lasten liegend sein.

Zu den Risikofaktoren bezüglich einer Abhängigkeit gehören unter anderem:   

  • Genetische Risikofaktoren
  • Leichte Erhältlichkeit von Substanzen 
  • Geringer sozialer Zusammenhalt, mangelnde soziale Kontrolle
  • Eine ungünstige soziale Ausgangslage (dysfunktionale Familien) 
  • Fehlen von tragfähigen Bindungen 
  • Geringe Impulskontrolle, mangelnde soziale, kognitive und emotionale Kompetenzen 
  • Traumata
  • Isolation/ Einsamkeit
  • Langanhaltender Stress

Schutzfaktoren

Dazu zählen unter anderem:  

  • Möglichkeit an Teilhabe und Integration der Gesellschaft und in den Gemeinden (Arbeit, Bildung, Einkommen).
  • Die Vermittlung positiver Werte und Normen – und deren Umsetzung.
  • Positives Betriebsklima bei der Arbeit, in der Schule.
  • Bedeutsame, tragfähige Beziehungen zu Freunden, Kollegen, Familienmitgliedern. 3

Risiko- und Schutzfaktoren können der Person oder der Umwelt zugeordnet werden. Aus diesen Kriterien ergibt sich eine Waagschale aus den Herausforderungen, die eine Person mittels ihrer Ressourcen überstehen kann.

Wie riskant ist mein Konsumverhalten?

Es bleibt zu sagen, dass Konsum nie gänzlich ungefährlich ist, weswegen die nötige Wachsamkeit und Reflexion des Konsums unerlässlich sind, wenn man eine mögliche Abhängigkeit verhindern, oder frühzeitig erkennen will. Es gibt durch das individuelle Spannungsfeld aus Mittel, Mensch und Milieu auch keinen allgemeinengültigen Standard, der eine klare Trennung ermöglicht. Daher sollte jeder seinen Konsum selbstbestimmt und verantwortungsbewusst reflektieren. 11

  • In welchen Situationen, zu welchen Zeiten konsumiere ich besonders gern?
  • Welche Erwartungen habe ich an den Konsum? Werden diese erfüllt? 
  • Wie häufig konsumiere ich? 
  • Welchen Stellenwert in meinem Leben nimmt mein Konsum ein? 
  • Gibt es bestimmte Regeln nachdem ich meinen Konsum ausrichte? 
  • Folge ich gewissen Ritualen? 
  • Blieb mein Konsum in letzter Zeit bzw. über die Jahre stabil? Hat er sich verändert? Wenn ja, wie? 
  • Haben sich meine Lebensumstände aufgrund des Konsums verändert (Freundeskreis, Verhältnis zur Familie, Freizeitaktivitäten)? 
  • Gibt es Lebensbereiche, in denen ich negative Konsequenzen aufgrund meines Konsums spüre? 
  • Haben sich meine Regeln für den Konsum geändert? Habe ich mir “Freiräume” geschaffen? 


1: https://somatrix.de/index.php/drogeninfos/genuss-gewoehnung-missbrauch-abhaengigkeit
2: https://www.dwds.de/wb/psychoaktiv 
3: Quelle: Theoretische Grundlagen der Suchtprävention Sucht|Schweiz
4: https://mindzone.info/gesundheit/konsumreflexion/

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